Freitag, 7. Juni 2019

Tag 13: Von Slano (Kroatien) nach Bar (Montenegro)

Kurz bevor der Wecker klingelt, wache ich auf. Ich bilde mir ein, dass von alleine aufwachen gesünder ist, als vom Wecker aus dem Schlaf gerissen zu werden, und bin zufrieden. Da ja heute möglicherweise noch die 30 km von gestern dazu kommen, packe ich alles schnell zusammen. Frühstück gibts von der örtlichen Pekara (Bäckerei - wenn das mal nicht aus KuK-Zeiten hängen geblieben ist). Jetzt nur noch schnell Argos vordere Bremsbeläge tauschen und weiter. Ich finde eine Art Brunnen, wo ich Argos behilfsmäßig aufbocken kann und fange an. Da kommt ein Typ Mitte 20 auf einem Mountainbike angefahren und fragt, ob er mein Multitool benutzen könne - klar. Wir kommen ins Gespräch: Peter fährt ebenfalls gerne Fahrrad und ist ziemlich begeistert, als ich ihm von diesen Ferien erzähle. Er möchte auch gerne eine größere Fahrt machen - ca. 170 km in einen Ort nach Bosnien und am nächsten Tag wieder zurück. Ich ermutige ihn und erkläre, dass er, wenn er immer etwas langsamer fährt, als er eigentlich könnte, den ganzen Tag fahren kann. Irgendwann verabschieden wir uns, und ich mache Argos Bremse fertig. Jetzt ist es doch wieder später, als gehofft, aber es war ein nettes Gespräch.


Da ist nicht mehr viel dran - es war höchste Zeit.
Endlich sind wir wieder auf der Küstenstraße in Richtung Süden. Das nächste Zwischenziel ist Dubrovnik, wobei ich mir noch gar nicht sicher bin, was ich machen werde. Einen Pausentag im märchenhaft schönen Dubrovnik? Oder doch weiter nach Bar? Ich überlege mir, kurz ein Ründchen durch Dubrovnik zu drehen und dann zu entscheiden. Jetzt erstmal die Küstenstraße dran. Es ist traumhaft, die Atmosphäre ist glasklar, dass das Licht super intensiv ist und alle Farben zum Leuchten bringt: Rechts das tiefblaue Meer, oben der Himmel und links die vielen unterschiedlich Grüntöne, die auch noch zu schillern scheinen, weil ein kräftiger Wind geht. Der kommt zwar meist von vorne, aber es ist dennoch ein Genuss.




Schon nähern wir und Dubrovnik. An der Straße gibt es schon ständig Werbung für Luxushotels und Restaurants in der Altstadt. Na es ist halt eine bekannte Stadt, denke ich. Von Norden kommend, passiert man zunächst den Hafen. Ich zähle vier Kreuzfahrtschiffe, und mache mir noch kein Bild davon, was das bedeutet. Allerdings ist schon der Weg in die Altstadt ein Omen: Die Straßen sind voll, und offenbar ist das der Normalzustand: Neben den Ampeln gibt es Uhren, die die Sekunden bis zur nächsten Grünphase herunterzählen, und am Altstadttor gibt es zwei Verkehrspolizisten, die dagegen arbeiten, dass Taxi-, Bus- und Autofahrer sich an die Gurgel gehen. An diesem Platz steige ich ab und bin sofort etwas benommen. Argos geht es auch nicht viel besser. Bis hierher fand er es prima, lässig an den Autos im Stau vorbei zu kurven, aber in Menschenmengen fühlt er sich nicht wohl. Ich klopfe ihm aufmunternd auf den Sattel: "Da müssen wir jetzt durch, alter Junge.". Die eigentliche Altstadt ist eigentlich gar nicht so groß, und von einer Mauer umgeben. Wir reihen uns in eine bunte Schlange ein und betreten die Stadt durch das Tor. Ich bin direkt überwältigt: Obwohl wesentlich kleiner, kann es Dubrovnik hinsichtlich Schönheit locker mit den beiden großen Damen Florenz und Venedig aufnehmen. Leider steht es auch ihnen auch bei der Besucherfülle in nichts nach. Und während man in Venedig, wenn es einem zuviel wird, einfach in eine dunkle Calle abbiegt und dort seine Ruhe hat, ist in Dubrovnik jeder Winkel mit Menschen aus aller Herren Länder ausgefüllt. Argos und ich machen, wie vereinbart, unsere Runde - die meiste Zeit im Windschatten eines Typen mit Hubwagen. Noch bevor wir fertig sind ist klar: Wir fahren weiter. So schön es auch ist - einfach zu viel Trubel. Ich nehme noch einen Kaffee und ein Stück Kuchen, während Argos ungeduldig wartet, und dann geht es weiter.



Besser man legt sich nicht mit einer Dame an




Argos vibriert vor Tatendrang (deshalb ist er auch unscharf)


Die Altstadt aus sicherer Entfernung

Nachdem wir die Stadt verlassen haben, biegen wir bald von der Küstenstraße landeinwärts ab. Das Panorama ist etwas weniger spektakulär, aber dafür haben wir die Straße praktisch für uns. Sie führt vorbei an zahllosen Weinbergen und -Gütern, wo man überall auch probieren und mitnehmen könnte. Ich nehme mir vor, nochmal wieder zu kommen. Irgendwie scheint mir dieser südliche Teil von Kroatien anders, als der Norden: Es sind einfach viel weniger deutsche, holländische und englische Touristen unterwegs. Es ist ja auch schon ganz schön weit.

Dann kommt auch schon bald die Grenze - zu Montenegro. Allein der Name dieses geheimnisvollen Landes versprüht Glamour - für mich zumindest. Ich war noch nie hier u d bin dementsprechend positiv aufgeregt. An der Grenze gibt es sogar eine kleine Schlange, und ich nutze die Gelegenheit, mir die Herkunftsländer der Grenzüberquerer anzusehen: Ein paar holländische Motorradfahrer, ein Österreichisches Auto und der Rest aus Kroatien, Bosnien und natürlich Montenegro selbst. Hierher verirren sich nur noch ganz wenige. Als ich dran bin, besieht sich der Grenzbeamte kurz meinen Ausweis. Dann schaut er auf Argos hinab, setzt ein strenges Gesicht auf und fragt auf Deutsch: "Fahrzeugschein?" - "Hab ich leider vergessen.". Die Antwort kommt mir noch aus Schulzeiten flüssig über die Lippen. Wir lachen beide und er lässt mich fahren.

Hinter der Grenze kommt direkt Herceg Novi, ein wirklich schöner Ferienort. Irgendwie kommt mir aber doch alles viel weniger touristisch vor, als in Kroatien. Irgendwann wird mir bewusst, woran es liegt: Es gibt hier kaum mitteleuropäische Touristen, die allermeisten sprechen slawische Sprachen - und weil ich die nicht außeinander halten kann, nehme ich sie gar nicht als Touristen wahr. Irgendwann bildet sich bei den Autos ein Stau. Etwas umständlich kurven Argos und ich um die Autos umher, als plötzlich zwei Rennradler links vorbeirauschen. Richtige Rennradler, mit Trikots, Klickpedalen usw. Der erste ist schon ein ganzes Stück weiter, aber an die zweite komme ich noch heran - bei Gegenverkehr ist sie etwas vorsichtiger als er, was mir immer noch ziemlich forsch erscheint. Sie ist wirklich fit, auf ihrem Trikot steht etwas von Ironman und ihre gebräunten, definiert muskulösen Waden lassen es sehr glaubhaft erscheinen. Als es irgendwann nicht weiter geht, frage ich sie stumpf: "Sorry, where are you guys from?" - "We are from here.", antwortet sie. "And you do roadcycling! So cool!". Sie lacht und brettert wieder los. Ich bin erleichtert, dass ich nach ein paar Kilometern auf die Fähre über den Fjord muss - die beiden sind stramm unterwegs. Auf der Fähre treffe ich dann direkt wieder zwei Rennradler - diesmal aus Deutschland. Sie sind geschätzt um die 50 und fahren von München nach Athen. Als ich frage, ob sie noch etwas Zeit in Athen zum entspannen hätten, antworten sie "Ja, einen Tag.". Dann geht der Flieger. Schön, dass ich nicht der einzige Verrückte bin, denke ich mir. Übrigens haben die beiden kaum Taschen an ihren Rädern, sondern tragen beide ziemlich klobige Rucksäcke - bei dem Anblick tut mir direkt wieder der Hintern weh.

Weinbau in Kroatiens Süden


Die Altstadt von Herceg Novi



Dicht aber gut gebaut




Sie schläft auf dem weichen Teppich auf den Stufen des Hotels. Die allermeisten Hunde sind doch so lieb :)

Die letzten 70 km geht es überwiegend wieder Küstenstraße entlang. Obwohl Westeuropa es, außer für Kreuzfahrten, noch kaum entdeckt hat, scheint Montenegro touristisch zu boomen. Überall werden neue Hotels gebaut und es gibt durchaus architektonisch anspruchsvolle Gebäude. Der halbe Balkan tummelt sich hier, und natürlich einige Russen. Sogar ein paar türkische Autos habe ich gesehen. Der Eindruck, dass sich aber kaum Westeuropäer hierhin verirren verfestigt sich - und das, obwohl Montenegro als Währung den Euro nutzt - und wirklich wunderschön ist. Das Hinterland soll auch sehr schön sein, aber ich bin froh, nach dem gestrigen Tag durch die bosnische Hochebene endlich wieder entlang der Küste zu fahren.

Bar, mein Zielort für heute, ist eher eine Hafen- als eine Touristenstadt. Da es ein langer Tag war, ich kein Internet zum suchen einer Unterkunft habe, und die gestrige Bleibe relativ teuer und ungemütlich war (ich musste kalt duschen), beschließe ich, mir ein seelenloses 4 - Sterne Hotel zu gönnen. Auch mal ganz angenehm, und in Montenegro bezahlbar :) Zum Abendessen versuche ich doch wieder ein winziges Fläschchen (187 ml, komisches Maß) lokalen Rotwein. Ich kenne die Rebsorte natürlich nicht, aber er ist sehr dunkel, hat 14 % und duftet nach allem, wonach ein guter Rotwein für mich duften soll - Montenegro ist ein sehr interessantes Land, was Lust auf mehr macht (wie Bosnien und Kroatien übrigens auch).

Morgen geht es allerdings weiter nach Albanien. So Gott will, werde ich morgen Abend in Tirana sein. Da bin ich wirklich gespannt: Wieder eine andere Währung und eine eigene, nicht slawische Sprache (ich habe ja gelernt, dass sie in Kroatien, Bosnien und Montenegro praktisch das Gleiche sprechen). Gute Nacht für heute.

2 Kommentare:

  1. Don't forget to listen to "Albania Radio" ;-)

    Weiterhin gute Fahrt!
    db

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    1. Da freue ich mich auch schon drauf :)

      Viele Grüße, noch aus Montenegro,

      Thomas

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