Montag, 27. Mai 2019

Tag 2: Durch Rheingau und Franken

Obwohl ich mit Schlafmaske geschlafen habe, wache ich auf als es hell wird. Hmm, noch ganz schön früh; ich rücke die Maske zurecht, drehe mich um und döse noch etwas in der Morgensonne bei fröhlichem Vogelgezwitscher. Übrigens hatte ich die ganze Nacht das Gefühl, hyperaktive Vögel zu hören. Im Zelt ist man eben mitten in der Natur. Irgendwann stehe ich doch auf und gehe Zähneputzen. Als ich vom Waschhaus zurück komme, sitzt Herbert, einer der beiden Motorradfahrer, mit denen ich den Abend zuvor verbracht hatte, vor seinem Zelt, winkt mich zu sich und bietet mir einen Kaffee an, den er schon irgendwo besorgt hat. Ich bin begeistert, nehme dankend an, und während wir unseren Kaffee schlürfen, kommt irgendwann auch Angelika aus dem Zelt und wir quatschen noch ein bisschen über Motorräder, Reisen (Angelika ist erfahrene Griechenland-Reisende) und Rennräder (Herbert fährt auch Rennrad). Die beiden sind einfach so nett, herzlich und entspannt - das beste, was mir am Anfang meiner Reise passieren konnte!

Mit Angelika und Herbert :)

Als ich schließlich meine Sachen zusammen packe, fragen mich auch meine Nachbarinnen, ob ich einen Kaffee wolle. Sie sind mit einem Wohnmobil da, beginnen gerade ihr Frühstück und haben wohl etwas Mitleid mit mir mit meinem Netzzelt und meinem Schuhkartongroßen Stauraum. Ich nehme dankbar an und bekomme einen richtig guten Kaffee mit Milchschaum. Ein toller Campingplatz, es gibt nur supernette Leute (und nebenbei ist auch noch alles sehr schön, neu und aufgeräumt - Rüdesheim am Rhein 5 von 5 Sternen).

Im Örtchen gibt's noch schnell ein sonniges Frühstück (und den dritten Kaffee), bevor es endlich weiter geht. Wir fahren nun ostwärts den Rhein entlang. Übrigens ist es wirklich interessant, wie die Topographie sich ändert: Stromauf von Bonn  fließt der Rhein in einem tief eingeschnittenen Tal, bis sich bei Bingen die Landschaft plötzlich weitet. Ich komme durch wunderschöne Orte mit schlossähnlichen Villen und viel grün. Als ich locker mittretend eine Abfahrt runter gleite, höre ich plötzlich ein rauschen - und dann das Knistern einer Babyrassel: Zwei Triathleten brettern an mir vorbei, beide auf Carbon-Aero Rädern (natürlich mit Carbon Aero-Rädern...). Argos Jagdinstinkt springt sofort an, er spannt alle Muskeln, aber ich beruhige ihn, wir hätten schließlich bestimmt noch mehr vor uns, als die beiden (heute und auch die nächsten Wochen). Zähneknirschend gibt Argos nach. Aber die beiden kommen nicht fahren plötzlich nicht mehr so schnell. Im nächsten Ort fahren die Autos recht langsam, der eine von beiden überholt rechts, ich tue es ihm nach, sein Kollege nicht. Er fängt sofort an zu schimpfen, wieso ich denn da jetzt noch hätte durchfahren müssen - ich höre ihn noch, als er 50 m hinter mir ist. Naja, war auch nicht so fein von mir, denke ich. Bald zieht er wieder an mir vorbei und in den nächsten 1 1/2 Minuten schimpft er noch 2 Mal über andere Verkehrsteilnehmer ("Du blöde Sau"). Ich beschließe, dass er ein Idiot ist. Und in Anbetracht seiner großzügigen Tattoos bin ich doch erleichtert, dass meine bisher immer zum Aufkleben waren. Argos hat auch die Nase voll. Wir versuchen, uns zurück fallen zu lassen, aber sie fahren einen merkwürdigen Rhythmus: Schnellll, laaaangsam, schellll, so dass wir nich lange ihre armen Kassetten beim Gangwechsel unter Kraft krachen hören. Wenn doch ein gesunder Geist in einem gesunden Körper wäre...


Auf dem weiteren Weg komme ich durch Wiesbaden, was eine richtig tolle Marina hat. Man kann kaum glauben, dass es der Rhein ist.



Nach Wiesbaden geht es in Richtung Darmstadt. Ich überlege kurz, mit meinem Freund Johannes eine Pizza in der Pizzeria Europa (Empfehlung!) zu nehmen, aber es ist noch zu früh für mich. Ich bin aber überrascht, wie weitläufig Darmstadt ist, bzw. wie weiträumig offenbar eingemeindet wurde. Nach Darmstadt kommen schon bald Aschaffenburg und Miltenberg. Irgendwo dazwischen esse ich dann doch eine Pizza. Und einen Salat. Danach bin ich ziemlich überfuttert, aber an der nächstenEisdiele kommt noch eine Kugel Himbeereis drauf. Danach habe ich ein etwas flaues Gefühl im Magen. War die Pizza zu ölig, sind fettige Speisen möglicherweise schwer verdaulich?! Nachdenklich und etwas besorgt fahre ich weiter, ich hänge doch so an meiner Full Fat / Full Carb Lösung. Wir kommen aber zügig voran, erst nach Miltenberg kommt der erste Anstieg, freilich mit sehr mildem Gradient. Und so sind wir schon bald bei unserer Unterkunft (kein Campingplatz in der Nähe). Ich plaudere ein wenig mit der Wirtin, die mir vorzüglichen Spargel und ein schönes Schnitzel serviert. Gottseidank habe ich gerade wieder Appetit :)

Eine Traum-Dachterrasse
Argos and me



Also wieder ein toller Tag. Der Nacken war heute schon besser als gestern, der Hintern nicht - das werde ich einfach aussitzen. Ach ja, wir sind jetzt in Lauda, ca. 8 km südlich von Tauberbischofsheim. Heute waren es ca 185 km, morgen werden es weniger :) Gute Nacht für heute.

2 Kommentare:

  1. Moin lonesome rider,

    tausche HP Elitebook 820 G3 gegen ein ARGOS! Würde dann allerdings ab Kempen die Route nordwärts einschlagen: Ist erstens flacher, und zweitens ist nach 300 km bei Eintreten von "Aquaplaning" schon das Ziel erreicht :-)

    Klasse Reportage, weiterhin viel Spaß und gutes Durchkommen!!!
    Stefan

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    1. Moin Stefan,

      vielen Dank und das kann ich gut verstehen. Noch eine Radfahrerweisheit: "Besser ein schlechter Tag auf dem Rad als ein guter Tag im Büro." ;)

      Dir, Euch eine gute Zeit und bleibt tapfer,

      Thomas

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