Montag, 18. Mai 2020

Das Fahrradjahr 2020

Inzwischen ist es Mitte Mai - nicht gerade überfrüh für einen Eintrag mit diesem Titel. Man möge es mir nachsehen. Immerhin ist es auch noch nicht wirklich zu spät, denn die großen Fahrradziele des Jahres liegen noch vor mir... Denn ... Trommelwirbel ... ich habe mich für das Three Peaks Bike Race angemeldet, ein "unsupported" "Bikepacking" "Rennen" von Wien nach Nizza.

"Unsupported" bedeutet, dass man keinerlei Hilfe in Anspruch nehmen darf. Kein Teamauto, keine Mechaniker, keinen Masseur (gottseidank, das hätte ich ja alles gar nicht). Aber auch keinen Windschatten von anderen Radfahrern, keine Verpflegung an improvisierten Stationen von Familie oder Freunden, noch nicht einmal Tips über das Wetter oder hinsichtlich der Route. Denn die muss man sich selber suchen. 

"Bikepacking" ist schnell erklärt - man hat eben alles, was man braucht, selber dabei - oder kann es auch unterwegs kaufen. Nur Hilfe von außen ist nicht erlaubt...

Für ein "Rennen" ist es allerdings ein ziemlich spezieller Modus. Damit  niemand auf die Idee kommt, die Alpen links liegen zu lassen, sind drei bergige Streckenabschnitte obligatorisch: Die Großglockner Hochalpenstraße, der Col du Sanetsch im Wallis und der Mont Ventoux in der Provence. Wenn ich daran denke wird mir heiß und kalt. Ansonsten bereitet man seine Route selber vor, je nachdem ob man lieber flach und weit(er) oder bergig und (etwas) kürzer bevorzugt. Verkürzen, z.B. mit der Bahn, geht nicht, denn man bekommt einen GPS-Tracker und für die Dauer des Rennens kann jeder auf einer Homepage die Position und die Geschwindigkeit der Teilnehmer verfolgen - rund um die Uhr. Ein gutes Stichwort, denn es wird auch rund um die Uhr gefahren. Es geht am 25. Juli um 16 Uhr in Wien los und dann läuft die Uhr. Wer als erster in Nizza ankommt hat gewonnen. Das wird vermutlich nach weniger als 6 Tagen passieren, bei einer Entfernung von rund 2000 km... Bis zum 3. August um 18 Uhr wird jemand von den Organisatoren am Ziel sein, und spätestens bis dahin wollen die meisten angekommen sein. Dann gibt es eine kleine Finisher-Party. Ich stelle mir vor, dass man zusammen ein Bier trinkt, 3 Teller Nudeln und 4 Eis isst, bevor man an Ort und Stelle umkippt. Die rund 100 Teilnehmer sind keine Profis, sondern ein bunter Haufen aus Fahrrad-Verrückten kreuz und quer aus Europa. Dementsprechend gibt es auch kein Preisgeld; vermutlich fahren die wenigsten gegen andere sondern eher für sich selbst.

Das ist zumindest mein Ansatz. Nach 9 Tagen und 2 Stunden ist die Finisher Party - also wäre ich gerne nach 8 1/2 Tagen da, um etwas Puffer zu haben. Mein Soll sind also ca. 200 - 250 sehr bergige Kilometer am Tag. Je näher der Start rückt, desto mulmiger wird mir zumute: Es ist eine ganz andere Hausnummer als meine Tour im letzten Sommer. Allerdings bereite ich mich in diesem Jahr auch ziemlich ernsthaft vor. Spätestens seit Anfang Januar sind Argos und ich (gefühlt) ständig gemeinsam unterwegs und sammeln Kilometer.  Dabei geht es gar nicht so sehr darum, ein superstarker Radfahrer zu werden, sondern mich einfach an das ständige Treten, die Haltung, das Sitzen zu gewöhnen. James Hayden, zweimaliger Gewinner des Transcontinental Race (ebenfalls ein unsupported Bikepacking Rennen, rund 4000 km (!) quer durch Europa), sagte in einem Interview "You can't train for Ultra Endurance.". Es gibt eben kein Patentrezept dafür, tagein, tagaus 250 km und mehr auf dem Fahrrad zurückzulegen. Allerdings habe ich bei Chris White gelesen, dass die allermeisten Teilnehmer (des Transcontinental Race) in den 6 Monaten vor dem Rennen zwischen 6000 und 8000 Trainingskilometer zurück legen, und dass das ausreichend ist, wenn man von einem vernünftigen Niveau aus anfängt. Etwas Glück und fest die Zähne zusammen beißen gehört dann natürlich auch noch dazu.

An den letzten Wochenenden habe ich recht lange Touren (bis 300+ km) gemacht. Das klappt also schon mal. Aber was ist, wenn man den folgenden Tag nicht bis in den frühen Nachmittag im Wachkoma auf dem Sofa liegend verbringt, sondern wieder aufs Rad steigt? Davor habe ich immer noch etwas Bammel. Ich sollte nicht nur meine Ausrüstung, sondern auch mich selber testen - unter "Rennbedingungen". Und genau das werde ich über das Himmelfahrtswochenende machen :)

Mittwoch Abend starten Argos und ich in Richtung des schönen Freiberg (in Sachsen, dort habe ich studiert). Freitag Abend kommen wir hoffentlich an. Übernachtet wird - wie zumindest ab und zu im Rennen - draußen. Und die Tagesetappen sind ebenfalls "rennkonform". Insgesamt rund 680 km bei 5100 hm. In Freiberg gibts dann zur Belohnung eine Hotelübernachtung und eine Eierschecke :) Samstag geht es dann nach Dresden und von dort nehmen wir den durchgehenden IC nach Wuppertal. Wahrscheinlich schaffe ich es nicht, von unterwegs einen täglichen Eintrag zu schreiben - allenfalls kurze Lebenszeichen im Telegrammstil... Aber nachträglich gibt es hier sicher einen Bericht.

Bis dahin viele vorfreudige und etwas hektische Grüße - es gibt noch einiges vorzubereiten. Eigentlich wollte ich ja auch noch vom Two Volcano Sprint berichten, für den ich mich ebenfalls angemeldet habe. Aber das mache ich dann nach der Rückkehr von Freiberg :)

2 Kommentare:

  1. Guten Morgen. Cooles Vorhaben. Das Wetter sollte ja passen. Die Beine schaffen das und der Rest passiert zwischen den Ohren. ... und zwischen den Ohren sitzen auch die Leute, die Ihnen die Daumen drücken und die, die selber auch mal so ein Ding durchziehen möchten. Viele Grüße Dieter Deckenbach

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielen Dank, Herr Deckenbach! Jetzt kommt ja die Zeit der langen Wochenenden, da drücke ich Ihnen die Daumen, dass Sie sich etwas Zeit frei schaufeln :) Viele Grüße, Thomas Ceyrowsky

      Löschen